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Erinnerung

 

„Seid demütig, friedfertig, geduldig, ertragt einander in Liebe, bemüht euch, die Einheit des Geistes zu wahren durch das Band des Friedens! Ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung in eurer Berufung: ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der über allem und durch alles und in allem ist.“ (vgl. Eph 4,2-6)

Aus einem Brief an die Gemeinde in Ephesus, geschrieben zw. 70 und 100 n. Chr., nicht von Paulus selbst, wohl eher von einem Schüler. Aber deshalb nicht weniger bedeutend. Wohl geschrieben aus einem konkreten Anlass. Würden Paulus bzw. sein Schüler heute leben, sie hätten allen Grund das zu schreiben, nicht an eine Gemeinde, sondern an die gesamte Kirche, an die „heilige“ Kirche, wie es im Glaubensbekenntnis heißt und mit der doch so viele große Schwierigkeiten haben.

Demut, Friedfertigkeit, Geduld, Ertragen, Einheit werden angemahnt … Dem gegenüber stehen in der Kirche jüngst zweitrangige Aktivitäten, unnütze Diskussion. Z.B. ein Buch des ehemaligen Papstsekretärs Georg Gänswein, das Kardinal Christoph Schönborn OP eine "ungehörige Indiskretion" nennt, die bis hin zu Peinlichkeiten über das Befinden des verstorbenen Papstes reicht. Nach dem plötzlichen Tod von Kardinal George Pell folgte die Veröffentlichung eines feigen, vernichtenden, schon länger im Umlauf befindlichen Memorandums bezüglich des Pontifikats von Papst Franziskus unter dem Synonym „Demos“, für das Kardinal Pell zeichnet. In der Diözese Köln geht es weiter, oder eher nicht, mit gegenseitigen Strafanzeigen und Klagen. Und so weiter und so weiter und an vielen Orten.

Im Großen und im Kleinen. Die Kirche ist keineswegs einig, noch weniger heilig. Und das schon durch ihre lange Geschichte hindurch. So steht sie heute da, die Kirche, als Zeichen unter den Völkern, auf das man mit Fingern zeigt, die um sich selbst kreist, die sich eher selbst demontiert anstatt aufbauend zu wirken. Das zieht runter, das macht müde, auch uns als Priester. Es braucht ganz viel Kraft, den Glauben nicht zu verlieren und nicht zu resignieren, wenn sich das Gefühl auf einem scheinbar orientierungslos sinkenden Schiff zu reisen breit und breiter macht. Wenn wir erleben, dass selbst Menschen aus der nächsten und allernächsten Umgebung, Familie und Freunde, sich von der Gemeinschaft der Kirche, ja bisweilen auch vom Glauben distanzieren.

Bestärkt durch die überwiegenden, negativen Darstellungen und Schlagzeilen in Medien, die das viele Positive verdunkeln. Das Negative und Dunkle ist da, es kann und soll nicht schöngeredet werden. Es muss bearbeitet, aufgearbeitet werden! Daneben aber braucht es den Blick auf den Grund/für den Grund, nicht aufzugeben und nicht zu resignieren. Dieser Grund liegt für mich noch immer in der zeitlos gültigen Wahrheit von Jesu Botschaft, in Seinen Lebenshinweisen und Angeboten zum Leben, die Er gegeben und nicht zurückgenommen hat. Zu denen Er uns sogar Freiheit lässt, sie anzunehmen oder abzulehnen. Lebenshinweise/ Angebote, hinter die wir alle immer auch zurückfallen, ihnen nicht entsprechen. Die aber vom Herrn her immer wieder neu als Chance und Neubeginn vorgehalten werden, als Beweis Seiner Treue und Geduld, Seines uns Ertragens und Aushaltens all derer, die zu Ihm gehören.

So lese ich die Epheserbriefstelle auch als Erinnerung an die Demut, Friedfertigkeit, Treue und Geduld des Herrn, aus denen wir leben und die für unser Weiterkommen insgesamt unumgänglich sind in Kirche und Welt und die Orientierung bieten.

Weiterkommen nicht in Friede, Freude, Eierkuchen, sondern in Liebe. In Liebe demütig, friedfertig sein, auch im Ringen. In Liebe sich ertragen/aushalten, auch die andere Sicht/Meinung. In Liebe gemeinsam Wege zum Verständnis zu suchen, zu fragen, welche Gründe beim Gegenüber die andere Einstellung bewegen. Dialog ist dabei unverzichtbar, und Hören. „Hören setzt Schweigen voraus. Ich weiss nicht schon im Voraus, was der andere mir sagen möchte. Hören setzt die Bereitschaft voraus, zuhören zu wollen und die eigene Meinung zu hinterfragen. Hören setzt Ehrfurcht voraus, gegenseitige Wertschätzung und Vertrauen. Hören setzt Kräfte frei.

Im Aussprechen tritt der Mensch aus sich heraus, ringt um die Worte und findet zu sich selbst. Hören eröffnet Räume, in die der andere eintreten kann, hin zum Du und zu sich selbst. Ich höre auf den ganzen Menschen – achte auf seine Worte und Gefühle und suche seine Aussage zu retten. Hören, aufeinander zugehen, sich gegenseitig zu verstehen suchen ist die Grundlage zur Versöhnung.“ Aussagen, die im Kontext stehen mit der Spiritualität des Hl. Ignatius von Loyola. Entnommen einem Vortrag von P. Andreas Schalbetter SJ, Luzern, aus dem Jahr 2016. Übungsbedarf und Übungsmöglichkeiten in Bezug auf diese Aussagen sind nötig und reichlich gegeben.

„Seid demütig, friedfertig und geduldig, ertragt einander in Liebe und bemüht euch, die Einheit des Geistes zu wahren durch das Band des Friedens!“ Bemüht euch, so steht da. Will sagen, nehmt Mühen auf, gebt nicht auf, glaubt an die Kraft dieser Tugenden. Verliert nicht den Glauben an die größere Liebe und Treue, an die Demut und Geduld Gottes. Lasst euch Glauben und Zuversicht, Optimismus und Hoffnung nicht nehmen und nicht zerstören. Auch nicht durch die beschämenden, unwürdigen Grabenkämpfe in der „heiligen“ Kirche.

 

In diesem Sinne grüßt Sie Ihr Pastor Ludwig Krag